Fasnacht in Markelfingen
Wie in vielen anderen Dörfern im alemannischen Sprachraum wird in irgendeiner Weise seit Jahrhunderten Fasnacht gefeiert.
Aus den ältesten vorhandenen Gemeinderechnungen von Markelfingen, so auch aus einer Gemeinderechnung aus dem Jahre 1678 wissen wir,
dass es am Fasnachtssonntag den Tag der so genannten Herrenfasnacht gab.
Die wichtigste Aussage dieser Rechnung ist die, dass an diesem Tag 2 Eimer Wein (a 40 l) getrunken wurden und Frauen nicht zugelassen waren.
Aber der Tag der Herrenfasnacht war nur ein kleiner Teil der Markelfinger Fasnacht.
Die zentrale Figur war jedoch zweifellos der Strohmann der seine beherrschende Rolle bis in die 20ziger Jahre des vorigen Jahrhunderts
spielte. Er beherrschte die Markelfinger Strassenfasnacht und jagte durch wildes und grobes Gebaren den Kindern des Dorfes Angst
und Schrecken ein. Am Fasnachtsdienstag wurde er dann von kräftigen Burschen eingefangen und angekettet durchs Dorf gejagt.
Anschliessend wurde er zum Feuer geführt und dort wurde die Hülle verbrannt.
Die Person schlüpfte in einem unbemerkten Moment aus dem Strohumhang bevor dieser dann in das hochauflodernde Feuer gestossen wurde.
Ein paar vor der Verbrennung ins Feuer geworfene Knochen überzeugten dann die Kinder restlos vom Ende des bösen Strohmannes.
Ende des 19. Jahrhunderts und Anfang des 20. Jahrhunderts gab es dann eine Narrengesellschaft Markelfingen.
Dieses war ein loser Zusammenschluss von Narren bis zu Beginn des Ersten Weltkrieges.
In dieser Zeit wurden so genannte Narrenspiele aufgeführt. Eines davon ist besonders erwähnenswert und zwar das aus dem Jahre 1914.
In diesem Jahr wurde an der Fasnacht ein 'Vaterländisches Kriegsschauspiel' zur Aufführung gebracht.
Die Gemeinde bezahlte das Pulver für die Kanonen.
Im Gemeinderatsprotokoll vom 20.02.1914 steht: "Die Narrengesellschaft bringt ein
Vaterländisches Kriegsschauspiel zur Aufführung, wobei mit Geschütz und Gewehr geschossen wird.
Der Gemeinderat hat beschlossen, das Pulver hierfür auf Kosten der Gemeinde zu beschaffen und zu bezahlen."
Ob wohl einer der am Spiel beteiligten ahnte wie bald dieses Kriegsschauspiel bitterer Ernst wurde?
Nach dem Ersten Weltkrieg wurde die Markelfinger Fasnacht sehr stark von der Familie Bickel
(u.a. Konrad Bickel der letzte Fischer von Markelfingen) organisiert und geprägt. In dieser Zeit wurden die vor dem Krieg
abgehaltenen Spiele wieder aufgenommen. Es gab die Mottos Vier Jahreszeiten
und Reise nach Amerika.
Hier hatte die Familie Bickel ein Boot auf ein Fuhrwerk gebaut und fuhr für einen geringen Betrag einmal ums Gasthaus Kreuz.
Mit dem so verdienten Geld wurde dann im folgenden Sommer ein Fest für die Familie ausgerichtet.
Genau dieser Umstand dürfte mit ein Grund für die Vereinsgründung im Jahre 1927 gewesen sein.
Ab dem Jahr 1927 gibt es nun die Seifensiederzunft in Markelfingen. Ein Gründungsprotokoll gibt es nicht. Hier müssen die Aussagen unseres
Gründungspräsidenten Norbert Heine (der nach seinem Wegzug nach Moos auch die dortige
Narrenzunft mitbegründet hat) ausreichen. Nach seinen Aussagen traf man sich im Gasthaus Schützen
um den Narrenverein Seifensieder zu gründen. Die Geburtsstunde des Narrenvereins liegt demnach auf dem 11.11.1927.
Wie man auf den eigentlichen Zunftnamen kam ist eigentlich nicht verbrieft. Sicher ist jedoch, dass es nicht die Markelfinger Frauen waren,
die nach einer Sturmnacht die Schaumberge am See für Waschmittel hielten.
Eher trifft hier die Annahme von Walter Fiedler (hat die Chronik von Markelfingen massgeblich gestaltet) zu.
Er gibt an, dass das Wort Seifensieder früher ein etwas abwertender Übername für die
ländliche Bevölkerung war. Mit diesem Wort drückten die Städtler aus Radolfzell ihre
vermeintliche Überlegenheit aus.
Sicher ist durch Norbert Heine und weitere ältere Markelfinger überliefert, dass wenn die Radolfzeller, vielfach verwandtschaftlich
mit den Markelfingern verbunden, am Sonntag zum Nachmittagskaffee durchs Ried nach Markelfingen pilgerten,
so hiess es meistens mir gond zu de Soapfesieder.
Der Übername Seifensieder bestand jedenfalls schon vor der Gründung des Narrenvereines.
Es blieb nur noch eine Geschichte zu erfinden - warum!
Dieses tat man mit der bestehenden Version.
"Es herrschte ein grosser Sturm am Markelfinger Winkel. Hierbei schäumte es kräftig.
Die Markelfinger Frauen gingen nun an den See um mit diesem Schaum zu waschen".
Die Tradition der Fasnachtsspiele wurde bis Ende der 30ger Jahre weitergeführt.
Man hatte die Mottos Circus Flick,
Das deutsche Lied,
und der Besuch Gandi's.
In dieser Zeit hatte der Vorstand den Titel Narrenonkel.
Erst Ende der 30ger Jahre bekamen wir einen Präsidenten.
Als Zunftgruppen bestanden damals: Narrenmusik, Narreneltern mit Leibgarde, Kosaken, Markelfinger Tracht, Narrenrat und Wäschwieber.
In den Jahren 1940 - 1945 war nicht an Fasnacht zu denken.
Erst im Jahr 1949 formierten sich die Seifensieder wieder unter ihrem Präsidenten Norbert Heine (der erst 1949 aus der Gefangenschaft zurückkehrte).
Die Seifensieder bleiben bis in die 70ziger Jahre bei einer Fasnacht mit Motto welches von der Zunft ausgegeben wurde
und dann nach einem Umzug durch das Dorf, in einer Aufführung auf einer Bühne vor dem Gasthaus Kreuz dargestellt wurde.
In späteren Jahren gaben sich die neu gegründeten Gruppen meist selbst ihr eigenes Motto welches immer am
Schmutzige Dunschtig dann erstmals präsentiert wird.
Im Jahre 1949 bestanden noch folgende Gruppen des Narrenvereines: Elferrat, Wäschwieber, Narreneltern und Narrenbolizei und Narrenmusik.
Erst in den folge Jahren formierten sich die heutigen Gruppen der Narrenzunft Seifensieder.
Die Ried- und Bachhexen 1959, die Damengarde 1960, Der Seifensieder (mit Maske) 1969, aus dieser Maske entwickelte sich der Schilfstrueli,
die Holzhauer 1974 und im Jahre 1992 der wiedererstandene Strohmann mit seinen Treibern.
Die Narrenzunft Seifensieder besteht heute also aus folgenden Gruppen:
Narrenrat, Schilfstrueli, Ried- und Bachhexen, Damengarde, Wäschwieber, Holzhauer, Brauchtumsgruppe (Strohmann und Treiber).
Seit dem Jahr 2010 haben wir wieder Narreneltern und auch die "drei Müller" werden ab dem Jahr 2011 innerhalb der Brauchtumsgruppe wieder
dargestellt. Was uns noch fehlt ist der Narrenpolizei.
Der Fanfarenzug Markelfingen, der ursprünglich innerhalb des Narrenvereines gegründet wurde ist heute ein eigenständiger Verein.
Mehr und mehr verliert die eigentliche Strassenfasnacht, so auch in Markelfingen, an Boden.
Die Bunten Abende in den neu erbauten Mehrzweckhallen eröffnen eine andere Art der Fasnacht.
Lediglich am "Schmutzige Dunschtig" finden wir noch alte Fasnacht-Traditionen wie:
das Kinderbetteln, Narrenbaumstellen, Hemdglonkerumzug und das von Haus zu Haus ziehen von Schmutzige-Dunschtig-Wiebern und anderen
nur am "Schmutzige Dunschtig" bestehenden Fasnachtsgruppierungen.
Doch auch diese Tradition wird nach und nach der Vergangenheit angehören, denn wer lässt heute schon Fasnachtsgruppen
in die Wohnung und bewirtet sie auch noch.
Doch die Fasnet lebt indem sie sich verändert und sich dem Zeitgeist anpasst.
Die grosse Anzahl von neuen Mitgliedern die in den letzten Jahren ihren Weg in die Seifensieder-Zunft gefunden haben,
zeigt uns, dass der Wunsch ausgelassen und fröhlich die Fünfte Jahreszeit
zu feiern nach wie vor besteht und dieses haben wir auch im Jahr 2007 beim 80-jährigen Jubiläum der Seifensieder wieder unter Beweis gestellt.
Die Narrenzunft wurde die ganzen Jahre von insgesamt zehn Präsidenten geführt:
1. Norbert Heine bis 1949
2. Friedrich Schrodi 1950 - 1952
3. Alfred Hurt 1953
4. Willi Dörflinger 1954 - 1969
5. Albert Ehinger 1969 - 1973
6. Franz Ruther 1973 - 1981
7. Ewald Krauter 1981 - 1984
8. Peter Blum 1984 - 1990
9. Alfred Schwarze 1990 - 2019
10.Thomas Böttinger 2019 - heute
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